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ePA: Start in Etappen

Nutzung bleibt vorerst freiwillig

Die digitale Zukunft des deutschen Gesundheitswesens nimmt weiter Gestalt an: Die bundesweite Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) steht kurz bevor. Bei der diesjährigen Digitalmesse für Gesundheits-IT (DMEA) in Berlin bestätigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die positiven Ergebnisse aus der bisherigen Testphase und kündigte den Übergang in eine sogenannte „Hochlaufphase“ an.

Positive Bilanz aus ersten Modellregionen

Seit Mitte Januar wird die ePA in rund 300 Arztpraxen in Hamburg, Teilen Nordrhein-Westfalens und Franken unter realen Bedingungen erprobt. Das Feedback aus dem Feld sei überwiegend positiv, so Lauterbach in seiner Eröffnungsrede. Zwar hatte es anfangs Sicherheitsbedenken gegeben, doch diese seien laut Ministerium inzwischen durch enge Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ausgeräumt worden. Wie aus einem in Berlin bekanntgewordenen Brief des scheidenden Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach an die Gesellschafter der Gematik hervorgeht, soll die ePA ab Ende April bundesweit verfügbar sein. Doch damit nicht genug: Bereits im Oktober dieses Jahres solle die Nutzung in Arztpraxen und Kliniken zur Pflicht werden.

Keine Strafen bei Nicht-Nutzung – vorerst

Die Einführung erfolgt nun schrittweise und bleibt zunächst freiwillig. Dieser Kurswechsel wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ausdrücklich begrüßt. Dr. Sibylle Steiner, Mitglied im KBV-Vorstand, bezeichnete die Entscheidung als „folgerichtig und konsequent“. Wichtig sei, dass Ärztinnen und Ärzte, die die ePA aus technischen oder organisatorischen Gründen noch nicht nutzen können, keine Sanktionen befürchten müssen – ein Punkt, den auch Minister Lauterbach ausdrücklich betonte.

Auch auf regionaler Ebene wird dieser Ansatz unterstützt: Anke Richter-Scheer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), warnte vor einer übereilten Verpflichtung zur Nutzung. Diese hätte ihrer Einschätzung nach „erheblichen Schaden“ angerichtet und das Vertrauen in das neue System geschwächt. Sie sieht in der ePA großes Potenzial – etwa für eine bessere Übersicht über Krankengeschichte und aktuelle Therapien –, mahnt aber gleichzeitig an, dass die Akte keine zusätzliche Belastung im Praxisalltag darstellen dürfe.

Datenschutz und Wahlfreiheit im Fokus

Ein zentrales Thema bleibt der Schutz sensibler Gesundheitsdaten. Bei der Vorstellung ihres aktuellen Tätigkeitsberichts unterstrich Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), die Bedeutung von Transparenz und Selbstbestimmung. Niemand solle aus Unwissenheit auf die ePA verzichten oder sich zu deren Nutzung gezwungen fühlen. Wichtig sei, dass Versicherte einfach und auf verschiedenen Wegen mitteilen können, wenn sie sich gegen die Nutzung entscheiden – was inzwischen möglich ist.

Zudem habe ihr Amt darauf hingewirkt, dass im Forschungsdatenzentrum strikte Prinzipien wie Datenminimierung und Vertraulichkeit eingehalten werden. Für die BfDI steht fest: Nur durch Vertrauen und freiwillige Akzeptanz kann die ePA langfristig erfolgreich sein.

Nutzererlebnis als Schlüssel zum Erfolg

Nicht zuletzt hängt der Erfolg der ePA maßgeblich von der Nutzerfreundlichkeit ab – insbesondere für Patientinnen und Patienten. Eine aktuelle Studie der Technischen Universität Berlin, veröffentlicht im Fachjournal Frontiers in Digital Health, untersuchte die Benutzeroberfläche und das Servicekonzept der digitalen Akte.

Das Fazit: Ein modernes, professionelles Design fördert das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer. Dagegen wirken unübersichtliche Strukturen oder sprachliche Fehler abschreckend. Besonders wichtig sind leicht verständliche Inhalte, intuitive Navigation sowie transparente Funktionen zur Datenverwaltung. Auf den Einsatz von Chatbots im Supportbereich reagieren viele Nutzer skeptisch – sie wünschen sich persönliche Ansprechpartner.

Mehr Durchblick von Anfang an: Wie die ePA die medizinische Versorgung verbessert

Ein zentraler Vorteil der elektronischen Patientenakte liegt in der verbesserten Informationslage für Ärztinnen und Ärzte – vor allem bei neuen Patienten. Schon beim ersten Kontakt können sie auf einen Blick nachvollziehen, welche Behandlungen bereits erfolgt sind, welche Diagnosen vorliegen und wo mögliche Risiken bestehen. Das eröffnet neue Spielräume für gezielte Prävention und schließt doppelte Untersuchungen oder unnötige Therapien aus.

Auch bei der Medikamentenverordnung bietet die ePA in der weiteren Ausbaustufe (3.1.) wichtige Unterstützung: Potenzielle Wechselwirkungen mit bestehenden Arzneimitteln lassen sich frühzeitig erkennen und vermeiden – ein Plus für die Patientensicherheit.

Besonders wertvoll kann die ePA im Notfall sein: Wenn Betroffene nicht mehr ansprechbar sind, ermöglicht die digitale Akte einen schnellen Überblick über Vorerkrankungen, Allergien oder laufende Behandlungen – Informationen, die im Ernstfall Leben retten können.

Fazit: Geduldiger Start statt digitaler Schnellschuss

Bis die ePA bundesweit verpflichtend wird, bleibt noch Zeit – ein konkretes Datum dafür wurde bisher nicht genannt. Die schrittweise Einführung, begleitet von intensiven Tests und dem Fokus auf Datenschutz sowie Nutzerfreundlichkeit, könnte sich als richtige Strategie erweisen, um Vertrauen aufzubauen und die digitale Patientenakte tatsächlich zu einem „Gamechanger“ im Gesundheitswesen zu machen.

Stand:17.04.2025